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Innervillgraten sagt euch nichts? Sollte es aber! Dort in Osttirol im wunderbaren Gannerhof kann man vorzüglich übernachten und essen, umringt von hoch aufragenden Bergen, die eine Besteigung lohnen.
Im September haben wir uns übers Wochenende im Gannerhof in Innervillgraten in Osttirol eingebucht. Meine Vorfreude war groß, schon lange wollte ich dorthin fahren, aber bisher hatte es nie geklappt. Denn schon in der Zeit als Geschäftsführerin bei den Grünen hatte ich mit dem Senior-Chef des Gannerhofes zu tun, mit dem ich immer wieder spannende politische Diskussionen per Email geführt hatte. Zudem hat der Gannerhof selber eine Menge Auszeichnungen, die letzte wurde erst heuer durch das “à la Carte” verliehen. Nun wollte ich Alois Mühlmann auch persönlich kennen lernen und mir ein Bild von seinem Hotel und Restaurant machen.
Dank des neuen wunderbaren VVT-Tiroltickets reisen wir mit dem Zug durch das Pustertal an, steigen in Sillian auf den Bus um und im Dorfzentrum von Innervillgraten aus. Von dort ist es nicht weit zum Gannerhof…
Den Gannerhof gibt es seit rund 35 Jahren, das Haupthaus mit Lobby und den Stuben liegt ein wenig von der Straße nach hinten versetzt, das Bio-Schupferhaus, ein altes stattliches Holzhaus, liegt gleich daneben. Am Weg zum Eingang irritiert mich ein bisschen der Unterstand mit den KTM-Motorräden, die für eine Spritztour angeboten werden und für mich so gar nicht zum Ensemble des alten Hofes passen.
Wir betreten das Haupthaus, die Lobby ist ein großer Raum, der von Holz dominiert wird. Dicke Balken bilden die Decke, die Wand ist holzgetäfelt. Das Mobiliar ist traditionell aus Holz gemischt mit modernen Elementen. Überall stehen Kleinigkeiten herum – Kaffeetassen, Gläser, alte Radios – dass man eine zeitlang braucht, um alles zu erfassen. An manchen Stellen wirkt es auch ein bisschen überladen.
Wir checken ein, bekommen von der freundlichen Junior-Chefin samt Tochter eine Führung durch die Stuben und ein paar Erklärungen zum Haus. Unser Zimmer ist im Bio-Schupferhaus nebenan. Es ist modern und schlicht mit Holz, der Balkon geht auf die Wiesen hinten hinaus, wo eine Herde schwarzer Schafe grast und sich in lautem Mäh unterhält.
Zum Ankommen gönnen wir uns einen Cappuccino und Kuchen vom nachmittäglichen Kuchenbuffet. Sensationell ist auch der Speck, der auf einer Parmaschinkenschneidmaschine immer bereit steht und fast auf der Zunge schmilzt. Ich schwöre mir, wenn ich mal genug Platz habe, dann schaffe ich mir auch so eine Maschine an, wo man schnell im vorbeigehen mal eine Scheibe Speck naschen kann.
Es ist noch früh am Nachmittag, also drehen wir eine Runde durchs Dorf. Wir bewundern die Bauernhäuser, die über den steilen Wiesen am Hang hängen. Eine Familie ist gerade dabei, das Gras zusammenzurechen, bei dem Gefälle eine anstrengende Arbeit.
Wer in Innervillgraten ein kleines Mitbringel sucht, dem kann ich die Schmiede Steidl empfehlen. Das Gebäude beherbergt die Fertigungshalle und einen Verkaufsraum. Beim Eintreten riecht es nach Schmieröl und erinnert mich an die Stunden in der Werkstatt aus meiner Schulzeit. Kleine Haushaltsgegenstände wie Kerzenständer und Schüsseln aus Metall sind ausgestellt, vor Ort handwerklich gefertigt.
Regionale Lebensmittel und Produkte aus Wolle gibt es bei Villgrater Natur. Die Wolle kommt aus dem Tal selber und wird aus anderen Teilen Österreichs zugekauft, hier in Innervillgraten verarbeitet und daraus von Hauspatschen über Handschuhe bis zu Bettzeug vielerlei hergestellt. Auch unsere Kissen und Decken im Gannerhof mit ihrer Wollfüllung stammen von dort und sorgen für ein angenehmes Schlafgefühl.
Natürlich statten wir auch der kleinen Kirche im Dorfzentrum einen Besuch ab, die trotz der Größe oder besser Kleine des Dorfes recht geräumig und reich verziert und bemalt ist.
Abends finden wir uns in der Stube an dem uns zugewiesenen Tisch ein. Das Publikum ist hauptsächlich deutsch, ein paar TirolerInnen mischen sich darunter. Wir senken den Altersschnitt deutlich, Bergurlaub zusammen mit hochwertiger (und nicht ganz preiswerter) Küche dürfte vor allem die fortgeschrittenen Semester ansprechen. Zudem ist es im Tal ruhig, abseits von Diskos oder sonstigem Tamtam. Die Berge stehen im Vordergrund.
Das Menü kann sich durchaus sehen lassen: Nach einem kalten Nusssüppchen folgt eine Zucchinisuppe mit geräucherter Forelle. Als Hauptgang gibt es Kalbsbäckchen mit Erbsschoten und Liebstöckl-Kartoffelstampf. Das Dessert bilden süß-säuerliche Zwetschken mit einem Topfenknöderl. Anscheinend war die Küche früher wesentlich ausgefallener und komplexer, wurde dann aber auf bodenständigere Gerichte zurückgefahren, um mehr Menschen anzusprechen.
Josef Mühlmann, der Junior-Chef des Hauses, kümmert sich selber um seine Gäste und berät diese vor allem was die Weinauswahl angeht. Dabei inszeniert er sich auch gerne selber und zieht die Fragen der Gäste fast bis ins Lächerliche.
Die Auswahl aus dem umfangreichen Weinkeller des Junior-Chefs kann sich sehen lassen. Durch den machen wir selber einen Rundgang und sind beeindruckt. Edle Tropfen – ausschließlich aus Österreich – findet man am Gannerhof ausreichend! Nur der Champagner ist aus Frankreich… Gleich neben dem Weinkeller ist die Räucherkammer, wo wir annehmen, dass dort der Speck für den Imbiss hergestellt wird.
Ich rede mit dem Chef des Hauses auch über regionale Produkte. Fleisch, Milchprodukte, Kartoffel sowie Fisch stammen aus dem Tal selber. Mit dem Gemüse ist es schwieriger, da in dem hoch gelegenen Tal nicht so viel angebaut werden kann. Kräuter stammen aus dem eigenen Garten. Was mir besonders gefällt ist, dass die Speisen viele regionale Produkte integrieren und gänzlich ohne exotische Zutaten auskommen.
Vom Senior-Chef lassen wir uns für eine Bergtour am folgenden Tag beraten. Anscheinend ist es ungewöhnlich, dass Gäste ohne Auto anreisen, was den Bewegungsradius einschränkt. Die Chefin des Hauses hat sogar sehr ungläubig nachgefragt, ob wir wohl wirklich mit dem Bus gekommen sind. Die Rundwege im Tal sind eher auf das Seniorenpublikum zugeschnitten, für anspruchsvollere Touren müsste man weiter in das Tal hineinfahren. Doch wir entscheiden uns dann für die Tour auf die Kessetaler Seen, wo wir direkt vom Gannerhof aufbrechen können.
Am nächsten Tag werden wir vom aufgeregten Geblöke der Schafe geweckt. Nach einem reichhaltigen Frühstück brechen wir in Richtung Ahornalm auf und steigen direkt über dem Hof die Hänge hinauf. Die Bergflanken sind hier eindeutig steiler als in den Nebentälern des Inntales, wir kommen schnell ins Schwitzen.
Nach der ersten Etappe taucht die Ahornalm aus dem Wald auf, gegenüber kann man auf die Bergletalmen hinübersehen. Weiter geht es auf dem Kamm und dann hinter dem Käse- oder Kesseberg in Richtung Seen. Je höher wir steigen, umso mehr Berge tauchen gegenüber auf, in Richtung Seen donnert der Abfluss ins Tal. Diesen Bach überqueren wir ein wenig weiter oben.
Bei den Seen angekommen wechseln Sonne und Wolken. Das Zwielicht erzeugt eine wunderbare Herbststimmung über der glitzernden Wasserfläche. Die schneebesprenkelten Berge rundherum spiegeln sich im Wasser. Eigentlich wollten wir noch einen Gipfel besteigen, aber oben liegt uns dann doch zu viel Schnee.
So wenden wir uns nach Süden und gehen in diese Richtung weiter, um dann einen steilen Weg ins Tal einzuschlagen. Von hier sieht man auf Ausservillgraten, das Drautal und die Berge im Süden. Ich kann mich von dem wunderbaren Panorama kaum satt sehen.
Der Abstieg geht zuerst auf einem schmalen Pfad bergab, dann auf Forststrassen , über Weiden und durch Wald, schließlich auf einem Steig über einen tiefen wasserführenden Graben retour nach Innervillgraten.
Abends haben wir uns unser Gourmet-Menü ehrlich verdient. Am zweiten Tag gibt es als Einstimmung ein feines Tatar, einen herbstlichen Salat mit Weintrauben und als Hauptspeise zirbengeräuchertes Huhn mit Polenta und Nektarinensauce. Den süßen Abschluss bildet ein weißes Mousse-au-Chocolat mit Zitrone und Petersilie. Eine abenteuerlich gute Kombination!
Eigentlich wollten wir ja am Sonntag noch eine kleine Runde in Richtung taleinwärts gehen. Aber in der Früh regnet es und wir beschließen, einen Zug früher nach Hause zu nehmen. Der Senior-Chef fährt uns mit dem Auto zum Bahnhof nach Sillian, weil sonntags kein Bus geht, so haben wir noch die Gelegenheit mit ihm über das Hotel, die Veränderungen im Tal über die Jahre und seine Visionen zu reden.
Aber wir werden wieder kommen: der Gannerhof ist eine Reise wert, sicher auch mehrmals. Das Tal hat noch so viele Möglichkeiten von lohnenswerten Wanderungen. Und ich vermisse jetzt schon das Blöken der Schafe vor unserem Schlafzimmerfenster…
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