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Da wir letztes Jahr in Göteborg so eine nette Zeit hatten, haben Juliana und ich beschlossen, wieder ein langes Wochenende zu verreisen. Natürlich mit einem kulinarischen Ziel! Dabei ist unsere Wahl auf das Städtchen Bra gefallen, wo heuer wieder die große Slow-Food-Käsemesse stattfand. Bra ist auch als Ursprungsort der Slow-Food-Bewegung bekannt und das Piemont eine wunderbare Gegend, um große Foodveranstaltungen abzuhalten.
Ich hole Juliana im Süden Mailands vom Zug ab und weiter geht’s in Richtung Alba. Wir nützen den Nachmittag noch und besuchen die Weinberge südlich von Alba. In Grinzane Cavour genießen wir den Ausblick auf die Weinberge – wie so oft in piemontesischen Nebel gehüllt. In La Morra schlendern wir durch die engen Gassen und genießen in einem kleinen Café einen wunderbaren Haselnusskuchen zur Einstimmung.
Abends essen wir in der Osteria la Torre in Cherasco. Wir wählen gefüllte Zucchiniblüten und Makrele-Aubergine-Terrine als Vorspeise, als Hauptspeise entscheiden wir uns für Ravioli mit Ziegenkäse und Steinpilzen und als Nachspeise genießen wir ein Haselnussparfait mit Haselnüssen aus dem Piemont. Eine wunderbare Wahl!
Wenn man den Grundriss von Cherasco aus der Luft betrachtet, dann findet man wohl wenig interessantes: die Strassen sind rein geometrisch im Schachbrettmuster angeordnet. Aber der Ort gefällt uns so sehr, dass wir am übernächsten Tag nochmal kommen, um bei Sonnenschein Fotos zu machen. Empfehlenswert ist auch der kleine Schokoshop von Riccardi, wo es süße Köstlichkeiten mit Haselnüssen, Zitrusschalen und anderes gibt.
Gleich am ersten Veranstaltungstag fahren wir vormittags nach Bra, um die Welt des Käses zu erkunden. Die Cheese findet alles zwei Jahre statt und hat 2015 270.000 Besucher in das piemontesische Städtchen gelockt. Wir beginnen unseren Rundgang im internationalen Teil der Aussteller. Hier verkosten wir vor allem Käse, die bei uns nicht erhältlich sind bzw. die wir noch nicht kennen. Die sonst bei mir so beliebten Schweizer und Französischen Käseproduzenten lassen wir großzügig aus.
So staune ich, wie gut englischer Cheddar sein kann. Bei uns bekommt man nur Industrie-Cheddar, der nach wenig schmeckt. Die nach alter Tradition hergestellten sind süßlich bis würzig. Sie werden handgeschöpft und in Tücher zum Reifen eingewickelt. Gut und ein wenig süßlich ist auch der Ziegencheddar und intensiv jener aus Schottland. Einer meiner Favoriten ist ein Weichkäse, dessen Rinde mit Brandy gewaschen wird und sich Goddess nennt.
Auch dem Stand des dänischen Knuthenlund verkosten wir hervorragenden Käse. Der Brie aus Schafsmilch zergeht förmlich auf der Zunge und der eingelegte weiße Käse ist ähnlich wie Feta, aber milder und milchiger. Am spanischen Stand gibt es hervorragenden Idiazábal aus dem Baskenland.
Eine Reihe Stände präsentieren die Produkte der Slow-Food-Presidia. Hier kosten wir alten Gouda aus Holland, polnischen Oscypek (geräucherter Käse aus der hohen Tatra), den karamellenen Geitost aus Norwegen, Sbrinz aus der Schweiz und viele mehr. Nach gefühlten 1000 gekosteten Käsesorten können wir einfach nicht mehr, können zudem keinen Unterschied mehr im Geschmack feststellen – und gönnen uns ein italienisches Eis und einen Espresso!
Vor lauter Käseverkosten kommen wir leider nicht dazu, an den Streetfoodständen die Leckerein zu probieren. Im Bierzelt kaufen wir zumindest für zu Hause ein. Die Verkostungshalle für Wein und Käse lassen wir auch aus. Die Stände der Produzenten sind eindeutig spannender. Ergänzt wird das Käseangebot durch Stände mit Senf, Chutneys und anderen Saucen sowie Cracker für den Käsegenuss. Bei den italienischen Ständen ist ab und zu auch Butter und Joghurt zu haben.
Natürlich nehmen wir auch an Verkostungen teil. In der ersten werden italienische Bergkäse mit Honigen verkostet, die im selben Gebiet produziert werden. Es gibt Provolo della Madonie aus Sizilien, Canestrato di Castel del Monte aus den Abruzzen, Macagn aus dem Valsesia und Bitto storico aus der Lombardei. Es sind jeweils die ProduzentInnen anwesend und stellen ihr Produkt vor und erzählen über die Schwierigkeiten der Produktion im Gebirge. Von den Honigen sind vor allem der Rhododendron- und der Astragalushonig spannend. Aber auch die anderen passen erstaunlich gut zu den würzigen Käsen.
Mein Highlight ist die zweite Verkostung: irischer Käse mit irischem Whiskey! Einmal hatte der irische Käser einen super trockenen Humor, zudem war es einfach spannend, einmal ganz andere Geschmackserlebnisse zu erkunden. Wir lernen zudem, dass Käse in Irland erst seit den 1970ern erzeugt wird – vorher gab es nur Schweine und aus der wenigen Milch wurde Butter erzeugt. Und zu guter letzt zaubert der irische Käser noch den Christmas-Pudding seiner Mum aus der Tasche, flambiert ihn mit Whiskey und teilt ihn dann mit dem Publikum. Wir verkosten Milleens, einen herrlichen Weichkäse mit gewaschener Rinde. Dann Coolea und Cashel Blue, ein wunderbar milder und cremiger Blauschimmelkäse. Dazu den einfachen Paddys Whiskey, Redbreast, Connemara und Cadenhead’s, wobei die Stärke, Rauchigkeit und auch der Charakter der Whiskeky genau in der Reihenfolge zunahm. Cadenhead’s war mir schon fast zu stark, dafür hat mir der Connemara Whiskey sehr gut geschmeckt. Wir haben dort aber alles mit allem verkostet, um herauszufinden, was am besten zusammen passt.
Die dritte Verkostung interpretiert das klassische Nudelrezept Cacio e pepe in vier Variationen. Wir erfahren eine Menge über Nudeln, die Herstellung und die einzelnen Sorten. Dazu erläutert der verantwortliche Koch die Variationen mit unterschiedlichen Käsen und Pfeffer, aber auch ob mit Butter oder Öl oder Sahne angerichtet macht einen großen Unterschied. Alles in allem ein spannender Workshop obwohl ab und zu ein wenig zu werbemäßig seitens der verantwortlichen Pastafirma. Nur bei der letzten Kostprobe schmeckt man den kräftigen Castelmagno heraus.
Am zweiten Tag sind wir käseseitig ausgenüchtert genug, um noch an den Ständen der italienischen Käseproduzenten unsere Verkostung fortzusetzen. Aber irgendwie begeistern uns die italienischen Käse nicht sehr. Oft schmeckt der Käseteig etwas fade und ist mir zu weich. Oder es handelt sich um die bekannten und charakteristischen Sorten wie Pecorino, Mozzarelle, Taleggio und Parmesan.
Auf der Käsemesse kommt man auch dazu, Käsesorten zu kosten, die man wohl nicht einfach so kaufen würde. So verkostete ich einen Käse aus Eselsmilch (mit eher wenig Geschmack) und einen Käse mit Algen (irisch, schmeckt sehr nach Meer). Und versuche mich auch tapfer an Käsesorten, die eindeutig schon verdorben scheinen…
Wirklich erstaunt hat uns die Größe der Käsemesse in Bra! Diese Vielfalt an Käsesorten und Anbietern hätten wir nicht erwartet. Für Käseliebhaber wirklich eine Reise wert! Auch die Organisation ließ nicht zu wünschen übrig – von Shuttlebus bis zu den Verkostungen. Zu empfehlen ist nur, gleich am ersten Tag (vor dem Wochenende) dort zu sein, weil am Samstag sich einfach zu viele Menschen durch die Gassen schoben und an den Ständen verkosten wollten.
Nachdem wir von Käse genug haben, lassen wir unser Wochenende in dem kleinen Städtchen Saluzzo ausklingen. Wir steigen zum Castell hinauf und schauen vom Torre Civica über die Stadt. Und beschließen die Reise kulinarisch mit einem Haselnusseis in einem kleinen Café in der Altstadt.
Hier findet ihr mehr Fotos von der Cheese: media.slowfood.it
Und Julianas Blogeintrag zur Cheese findet ihr hier: www.capturingtheseasons.net/2015/say-cheese/ (englisch)
Ein hochinteressanter Bericht mit tollen Fotos. Das macht gleich Lust auf einen guten Käse. Ich denke, viele Leute wissen gar nicht, wie schmackhaft und edel Käse sein kann. Man gönnt sich ja eher selten einen hochwertigen Käse…
Du hast recht! Dabei gibt es soooo viele spannende Sorten und Geschmäcker!